Montag, 11. Mai 2009

Streit um Steuergeschenke

Steuersenkungen teilen die Union


Das Licht um den Steuerstreit beginnt wieder einmal zu flackern:
Bundesinnenminister Schäuble hält die Chancen auf Steuersenkung für außergewöhnlich gering.
Merkel vertedigt weiterhin ihr versprechen, wann jedoch Entlastungen bei den Abgaben durchgesetzt werden, ließ sie jedoch offen.

Zu den Zweifeln ihres Parteikollegen Wolfgang Schäuble sagte Merkel folgendes in einem Interview der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung":
"Die Schlüsselfrage der nächsten Legislaturperiode wird sein: Wie kommen wir mit Wachstum aus dieser Krise möglichst schnell wieder heraus?"
Solide Wachstumsraten sollen das Problem lösen, damit das geschieht müssen in Deutschland Wachstumsimpulse gesetzt werden. In Innovation und Forschung soll investiert und Bürokratie abgebaut werden.

Schäuble warnt vor falschen Wahlversprechen, wann der Spielraum für Steuersenkungen groß genug ist, weiss niemand.
Für den Innenminister steht die Senkung der Neuverschuldung an erster Stelle.

Schäuble distanzierte sich damit stark von der Bundeskanzlerin, die im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU eine Verringerung der Steuerlast nach 2010 in Aussicht stellen will.

Rückenwind erhält die Regierungschefin in erster Linie von der Schwesterpartei CSU, welche seit Monaten auf Steuersenkungen drängt.

Schon vor Schäuble hatten mehrere CDU-Ministerpräsidenten Merkels Steuerpläne kritisiert - jetzt ist die Debatte auf ein Neues entbrannt.

Merkel will Grundgesetz zur Stärkung der Bundeswehr ändern

Bundeskanzlerin Merkel will aus der gescheiterten Befreiungsaktion eines deutschen Frachters Konsequenzen ziehen: Um Piraten künftig mit den Spezialkräften der Bundeswehr bekämpfen zu können, soll das Grundgesetz geändert werden. Doch Koalitionspartner SPD stellt sich quer.

Berlin - Zur wirksameren Bekämpfung von Piraten wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Befugnisse der Bundeswehr durch eine Grundgesetzänderung erweitern.


Bundeskanzlerin Merkel will per Grundgesetzänderung Soldaten der Bundeswehr wirksamer gegen Piraten einsetzen

Laut Gesetz ist die Polizeieinheit GSG 9 für Einsätze zur Befreiung von Geiseln auf gekaperten Schiffen zuständig. "Aber eigentlich ist das eine Aufgabe für die Bundeswehr. Dafür müssen wir ihr aber auch die rechtlichen Grundlagen durch eine Grundgesetzänderung geben", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag".
KSK soll auf Marineschiffen stationiert werden

Merkel sagte am Sonntag in der ARD: "Wir haben bei der Bundeswehr mit dem KSK auch eine Eingriffstruppe, wir haben die GSG 9 für polizeiliche Einsätze. Wir erleben, dass es bei solchen Missionen immer wieder enge Berührungspunkte gibt, mal macht der eine was, mal der andere. Darüber wollten wir eine Grundgesetzregelung haben."

Hintergrund des Vorstoßes ist ein kürzlich gescheiterter Einsatz der GSG 9, die das gekaperte deutsche Schiff "Hansa Stavanger" aus der Hand von Piraten befreien sollte. "Das Risiko war zu hoch, dass bei einer Befreiungsaktion Geiseln oder Polizisten getötet werden", sagte Schäuble. "Es kamen immer mehr Piraten an Bord, die Lage wurde deutlich gefährlicher." Deshalb habe er nach Rücksprache mit dem Einsatzleiter entschieden, die Aktion kurz vor dem geplanten Start abzubrechen.
Der SPIEGEL berichtet in der aktuellen Ausgabe, dass Schäuble Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) vorgeschlagen hat, kleine Kommandos mit Elitesoldaten des KSK oder mit Kampfschwimmern auf deutschen Marineschiffen zu stationieren.Diese sollen Entführungen von Frachtern beenden, bevor sich die Piraten mit ihren Geiseln in einen sicheren Hafen zurückziehen können. Die KSK ist dem Verteidigungsministerium unterstellt. Eine Sprecherin des Innenministeriums wollte nicht dazu Stellung nehmen.

Struck verlangt bessere Logistik und Konvois

Die SPD spricht sich strikt gegen eine Grundgesetzänderung aus. "Ich wüsste nicht, warum wir eine Grundgesetzänderung bräuchten", sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dieter Wiefelspütz, am Sonntag im Gespräch mit dem "Handelsblatt" (Online). "Es ist staats- und völkerrechtlich völlig unproblematisch, dass die Bundeswehr Piraten bekämpft und auch Geiseln befreit." Daher sehe er "keine Chance" für die Forderungen von Schäuble und Merkel. "Es wird mit der SPD definitiv in dieser Wahlperiode keine Verfassungsänderung geben."

Wiefelspütz sprach von einer "Scheindebatte", die Schäuble führe. Wenn er, der Minister, eine Grundgesetzänderung wolle, dann müsse er "sorgfältig begründen", wozu sie nötig sei, verlangte der SPD-Innenexperte. Für den Anti-Piraten-Einsatz der Bundeswehr reichten die bestehenden Mandate der Vereinten Nationen und der Europäischen Union aus, unterstrich Wiefelspütz. "Wir haben klare Grundlagen."

Machtwechsel bei den Grünen

Den Spitzenkandidaten Jürgen Trittin und Renate Künast droht nach der Wahl, aufgrund eines mangelnden Auftrittes auf dem Parteitag am Wochenende, die Entmachtung.

Cem Özdemir sagte zu dem Abtritt Joschka Fischers in einem Gespräch mit ZEIT ONLINE, es sei ein "super Rock'n-Roller" verloren gegangen. Nun kämen Neue bei denen sich der direkte Vergleich nicht vermeiden lässt, denn sie spielen auf derselben Bühne und haben auch im Backstagebereich miteinander zu tun.


Ihr letzter Wahlkampf als Grünen-Spitzen? Jürgen Trittin und Renate Künast
© Jens Schlueter/ddp

Die Spitzenkandidaten. Sie stehen in Wahlkampf-Zeiten oben im innergrünlichen Machtgefüge. Anders als 2005 gibt es auch hier diesmal eine Doppelspitze. Nicht der frühere Außenminister ziert die Wahlplakate, sondern der frühere Umweltminister Jürgen Trittin und die frühere Verbraucherschutzministerin Renate Künast.

Beide machten im Vorfeld und auf dem Berliner Parteitag eine unglückliche Figur. Mit ihren Vorgaben konnten sie sich nicht durchsetzen. Zunächst gab es da die an sich noch hypothetische Debatte über den Koalitionspartner ab September, die die Grünen seit April intensiv beschäftigt. Schuld daran waren die Spitzenkandidaten, die sich früh auf eine Ampel mit SPD und FDP als "einzig realistische Option" festlegten. Es sollte weitsichtig wirken, wurde ihnen aber von der Basis um die Ohren gehauen. Viele Delegierte sehen in der Westerwelle-Partei den größtmöglichen Gegner im Parteiensystem. Dann schon lieber offensiv ein linkes Bündnis wagen, forderten wichtige Landesverbände.

Trittin und Künast wirkten daher auf dem Parteitag merkwürdig gehemmt. Längst hatten sie in einem Wahlaufruf die einstige Position relativiert. Eine Ampel wird darin nicht mehr explizit erwähnt. Die Debatte über diesen Leitantrag verfolgten Trittin und Künast mit gesenktem Blick. Oft wurden sie für ihr Vorpreschen kritisiert, mal offen, mal indirekt. Ihr sozial-liberal-grünes Projekt 2009 ist in Berlin durchgefallen. Die Delegierten signalisierten abermals, dass sie links-sozial-grün bevorzugen.

Hinzu kommt, was manche Grünen-Mitglieder insgeheim bemängeln: dass zumindest Trittin sich doppelt ambivalent verhält. Früher galt der alte Fundi gegenüber einem rot-grün-roten Bündnis alles andere als abgeneigt. Aber vermutlich habe er kalkuliert, dass er mit dieser Haltung keine Chance habe, Außenminister zu werden, heißt es.

Nicht nur koalitionspolitisch, auch inhaltlich scheiterten Künast und Trittin mit zentralen Vorgaben. In meist knappen Abstimmungen votierten die Delegierten gegen die liberalen, eigenverantwortlichen Komponenten, die gerade Künast im Vorfeld in Interviews betont hatte. Sie wollte damit um das "kreative Bürgertum" werben.

Die nominelle Parteispitze. Claudia Roth und Cem Özdemir hatten da schon einen besseren Stand. Die beiden Parteivorsitzenden, die im Wahlkampf ins zweite Glied rücken, hielten viel beklatschte Reden und wurden von vielen Delegierten ausdrücklich gelobt: Anders als die beiden Alt-Minister an der Spitze wüssten Roth und Özdemir besser, was die Partei umtreibe.

Roth war es auch, die - mit der ihr eigenen Inbrunst - als erste Spitzenpolitikerin für den Kompromiss-Wahlaufruf warb. Die Atmosphäre bei Künast, deren Beitrag die Debatte beendete, war dagegen frostiger.

Özdemir wiederum war es, der in den drei Tagen vermutlich die meisten Interviews gab. Er, der Aufsteiger in der grünen Spitzen-Runde, weckt das größte Interesse der Medien aus dem In- und Ausland, das er gern bedient. Zum Auftakt des Parteitages hielt er eine kräftige, pointierte Rede - und setzte weitere Akzente, etwa, als er dem anwesenden Schriftsteller Yasar Kemal den Ehrenvorsitz für die Internationale Grüne antrug.

Der Fraktionschef. Fritz Kuhn (er übt das Fraktions-Amt gemeinsam mit Renate Künast aus) war maßgeblich am Wahlkampfprogramm beteiligt, auf das alle in der Partei so stolz sind. Er ist einer der wenigen, der auf die Zehntausenderzahl hinunter aufzeigen kann, in welchen Branchen die Million neuer grüner Jobs kommen sollen.

Der Umbruch naht. Auffällig bei diesen Politikern ist, dass sie alle fast exakt gleich alt sind. Bis auf Özdemir sind alle Jahrgang 1953 bis '56. Das ist kein Zufall: Als die Partei sich gründete, waren Trittin, Künast, Roth und Kuhn, auch die Europaspitzen Reinhard Bütikofer und Rebecca Harms junge Twens. Sie sind die Gründungsjugend der Grünen, die Nach-Fischer-Kohorte.

Aber wie das mit der Jugend so ist. Sie verblüht. Diese Legislaturperiode und vielleicht die nächste werden sich die Mittfünfziger noch an der Spitze halten. Aber nach 2013 nicht mehr. Vermutlich kommt der Generationswechsel schneller. Wenn die Grünen nach der Wahl in der Opposition bleiben.

Schließlich gibt es eine neue, nachdrängende Generation. Am öftesten wird der hessische Grünen-Chef Tarek Al-Wazir als kommender Mann genannt. Allerdings ist Al-Wazir ein liberaler Realo. Er hat auf dem Parteitag gegen den einheitlichen Kinderbetrag gesprochen – und klar verloren.

Durchgesetzt in Berlin haben sich die Linken, oft junge Redner, oft aus Nordrhein-Westfalen. Vermutlich werden sie eines Tages die Generation Özdemir/Al-Wazir an der Spitze ablösen. Einen kann man sich heute schon merken, wenn er nicht vorher zu Attac wechselt. Arvid Bell, Jahrgang 1984, hielt eine der stärksten, leidenschaftlichsten Reden. Allerdings ist Bell ein strammer Linker, der Basisdemokratie mag und nicht mit Kritik an den Altvorderen spart. Früher hätte man ihn Fundi genannt.